Wenig Arbeit, tolle Blüten und ein Paradies für Insekten – eigentlich klingt es zu schön, um wahr zu sein. Aber mit einheimischen Stauden geht das hervorragend. Wie, das erklären uns zwei echte Gartenprofis.
Der Sommer ist da: Die Sonne scheint, die Blumen blühen, die Wiesen duften. Für Garten-Fans wäre jetzt die Zeit, ihr grünes Paradies in vollen Zügen zu genießen. Wenn da nicht die Arbeit wäre, denn es gibt immer etwas zu tun: bei Trockenheit gießen, Verblühtes ausputzen, Schädlinge bekämpfen, unerwünschte Beikräuter entfernen. Da wünschen sich viele eine pflegeleichtere Lösung – und entdecken einheimische Stauden wieder. Die sind laut der Initiative „Blumen – 1000 gute Gründe“ ein echter Trend, denn sie sind nicht nur schön, sondern auch noch unkompliziert und naturfreundlich.
Zwei, die sich mit diesen Pflanzen richtig gut auskennen, sind Doris und Rainer Born. Sie betreiben in sechster Generation einen Gartenbaubetrieb am Niederrhein und haben in den vergangenen Jahren viele „Wilde Talente“ ins Sortiment aufgenommen. Rainer Born hebt gerne hervor, wie unkompliziert diese Stauden im Garten sind: „Wildstauden sind im Allgemeinen sehr unempfindlich, da sie viele Nützlinge anziehen und daher für ein ausgeglichenes Verhältnis von Nützlingen und Schädlingen im ganzen Garten sorgen. Zudem sind viele Wildpflanzen trockenheitstolerant und winterhart. Um einen schönen, stressfreien Garten zu bekommen, ist es wichtig Stauden auszuwählen, die ideal zum jeweiligen Standort passen. Wenn man auf die richtigen Bodengegebenheiten und die Standortbedingungen (zum Beispiel Sonne/Schatten) achtet, können Stauden optimal gesund wachsen und werden dann auch besonders widerstandsfähig und somit weniger pflegeintensiv.“
Der Tipp der beiden Experten lautet also: Jetzt im Sommer den eigenen Garten beobachten und schauen, wo es besonders sonnig ist, wo kaum Licht hinkommt, wo sich die Feuchtigkeit lange hält und wo der Boden besonders schnell austrocknet. Dann kann man im Herbst die passenden Kandidaten für jeden Bereich pflanzen. Eine Sorge können sie den Gartenbesitzerinnen und -besitzern dabei direkt nehmen: „Naturgärten oder Gärten mit Wildpflanzen leiden unter dem Vorurteil ‚ungepflegt‘ oder verwildert zu sein, dies liegt jedoch an der eigenen Gestaltung.“
Zu den weiteren Vorteilen der Wildpflanzen gehört dafür eindeutig ihr Beitrag zum Umweltschutz. Einheimische Stauden bieten vielen Insekten und Tieren Nahrung oder Unterschlupf. In manchen Fällen sind sie sogar direkt voneinander abhängig. Staudengärtnerin Doris Born erklärt, wie wichtig dieser Beitrag zur Artenvielfalt ist: „Über Jahrtausende haben sich Wildpflanzen und Insekten in ihrem Ursprungsgebiet aneinander angepasst, zum Beispiel mit passenden Schlupf- und Blühzeitpunkten. So gibt es Spezialisten mit Saugorganen oder besonderen Taktiken zum Pollensammeln, die zur Beschaffenheit der jeweiligen Blüte einer besonderen Wildpflanze passen, wie Natternkopf-Mauerbiene und Natternkopf (Echium vulgare), oder Raupen, die nur bestimmte Futterpflanzen fressen. Fehlen diese Pflanzen, verschwinden auch die jeweiligen Insekten- oder Schmetterlingsarten. Jeder, der Wildstauden pflanzt, egal ob auf dem Balkon, als Naturgarten oder als eine kleine wilde Ecke in einem sonst eher konventionellen Garten, trägt aktiv zur Artenvielfalt und damit zur Biodiversität bei.“
Wie das genau aussehen kann, dazu haben die beiden Profis des Gartenbaubetriebs ebenfalls ein paar Tipps: „Viele Wildpflanzen wachsen in Magerbeeten besonders gut und sind so optimal geeignet zur Umgestaltung von Schottergärten oder zur Neugestaltung in Baugebieten. Wer auf lästiges Rasenmähen verzichten will, kann diese Flächen durch einen Kräuterrasen ersetzen, zum Beispiel mit Wildem Thymian (Thymus pulegioides) – in der Blütezeit ist das zudem noch ein toller pinker Hingucker, absoluter Wildbienenmagnet und auch in der Küche zu verwenden.“ Zu den weiteren Favoriten im Gartenbaubetrieb gehören zum Beispiel die Wilde Möhre (Daucus carota) mit ihren wolkigen, weißen Blütenschirmen, die pink-rote Lichtnelke (Silene dioica), die ein echter Dauerblüher von April bis September ist, oder die Wilde Karde (Dipsacus fullonum), deren distelähnliche Blütenstände einem Beet auch im Winter Struktur geben. Als Kletterpflanze begrünt der Gewöhnliche Hopfen (Humulus lupulus) schnell ganze Wände. Für die Unterpflanzung oder Begrünung im Topf oder Balkonkasten eignen sich der bereits genannte Feld-Thymian oder Bodendecker wie die Kleine Braunelle (Prunella vulgaris).
Einige dieser hübschen einheimischen Stauden haben sogar noch Zusatznutzen als Gewürz- oder Heilkräuter: So gehören Wilder Thymian oder Gewöhnlicher Dost (Origanum vulgare) zu den klassischen Küchenkräutern. Auch die Blätter, Blüten und Samen der Wilden Möhre sind essbar, ebenso wie Wildkräutersalate aus der hübsch blau blühenden Gewöhnlichen Wegwarte (Cichorium intybus) – hierbei handelt es sich um die Ursprungsform unseres Chicorée oder Radicchio –, dem Blutweiderich (Lythrum salicaria) oder dem berühmt-berüchtigten Löwenzahn (Taraxacum officinale). Und nicht zuletzt werden viele Wildkräuter bereits seit Jahrhunderten zur Linderung verschiedener Beschwerden verwendet. Eines der bekanntesten Beispiele ist wahrscheinlich die Echte Kamille (Matricaria recutita), die gerne bei Erkältungssymptomen ebenso wie bei Verdauungsproblemen eingesetzt wird.
Einheimische Stauden haben also eigentlich nur Vorteile für Gartenfans – und für die Natur. Wer seine Flächen zugleich wunderschön, unkompliziert, vielfältig und insektenfreundlich gestalten möchte, hat damit auf jeden Fall eine breite Auswahl passender Kandidaten. Noch mehr Tipps rund um insektenfreundliche Pflanzen und pflegeleichte Stauden gibt es auf der Seite www.1000gutegruende.de sowie auf den Seiten der Initiative bei Facebook und Instagram.
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